Mit europäischer Einigkeit und Empathie gegen Corona
Gute Nachrichten aus Europa inmitten der Pandemie: Die Bereitschaft der Europäer, die Corona-Verhaltensregeln anzuwenden und gesamteuropäisch zu handeln, um die Krise zu meistern ist hoch. Das ist das Ergebnis einer eupinions-Studie, für die 13.000 EU-Bürgerinnen und Bürger befragt wurden. eupinions ist das europäische Meinungsforschungs-Instrument der Bertelsmann Stiftung, das auf diesem Gebiet eine Partnerschaft mit der König-Baudouin-Stiftung eingegangen ist.
89 Prozent aller Europäerinnen und Europäer sagen, die EU sollte eine größere Rolle in der Bekämpfung der Pandemie spielen und 91 Prozent sind der Meinung, die Mitgliedstaaten müssten in der Krise enger zusammenarbeiten
Hier finden Sie einige wesentliche Grafiken.
Europaweit nur schwach ausgeprägt ist die Tendenz, einem einzelnen Land die Schuld am Ausbruch der Pandemie zuzuschreiben. Im Gegensatz zur Eurokrise, in der die zerstörerische Kraft von Schuldzuweisungen pragmatisches Krisenmanagement lange Zeit verhindert hat, sind die Europäer dieses Mal nicht geneigt, mit dem Finger auf andere zu zeigen. 72 Prozent von ihnen wollen nicht einen einzelnen Staat für das Virus verantwortlich machen. In Belgien liegt dieser Prozentsatz bei 63.
Zusätzlichen Schub bekommt der europäische Gedanke durch eine weitere Erkenntnis der im Juni 2020 durchgeführten eupinions-Befragung: Europäer mit einem hohen Empathie-Level sind stärker bereit, sich an einer gemeinschaftlichen Kraftanstrengung zu beteiligen. Das gilt sowohl für ihren individuellen Einsatz als auch für einen gemeinschaftlich europäischen Einsatz. Insgesamt sagen 90 Prozent der Europäerinnen und Europäer, dass sie sich an die die von ihrer Regierung verabschiedeten COVID-19-Regeln halten, 70 Prozent geben an, in Beisein vieler anderer Mitmenschen eine Maske zu tragen. Von denen, die einen hohen Empathie-Level haben, halten sich 93 Prozent an die COVID-19-Regeln, gegenüber 86 Prozent bei den schwach-Empathischen. 76 Prozent der stark-Empathischen sagen, dass sie konsequent Masken tragen. Bei den schwach-Empathischen liegt der Wert bei 64 Prozent.
Politiker:innen tragen eine besondere Verantwortung
Für europäische Staats- und Regierungschefs bedeutet dies, dass sie für ihre weitreichende europäische Krisenpolitik auch weiterhin auf die Unterstützung einer großen Mehrheit der Europäer bauen können. „Empathie ist eine wertvolle Ressource, wenn es darum geht, die Bürger Europas für gemeinsame europäische Politik zu gewinnen“, sagt Isabell Hoffmann, Mitautorin der Studie und Gründerin von eupinions.
In der gesamten EU gibt es etwas mehr Menschen mit hohem Empathie-Level (55 Prozent) als Menschen mit niedrigem Empathie-Level (45 Prozent). Frauen (65 Prozent), Ältere (61 Prozent der 56-70-Jährigen) oder die, die sich politisch links der Mitte verorten (61 Prozent), sind empathischer als Menschen, die jünger oder wohlhabender sind oder sich politisch rechts der Mitte verordnen.
Die unterschiedlichen Empathie-Level variieen auch mit der Parteizugehörigkeit. In Belgien haben die Anhänger der PvdA-PTB (Belgische Arbeiterpartei) in beiden Lndesteilen das grösste Level zu verzeichnen, wohingegen Anhänger von N-VA und Vlaams Belang in Flandern und DéFI in der Föderation Wallonien Brüssel am wenigsten empathisch sind.
Einfühlungsvermögen, das zeigt die wissenschaftliche Forschung, ist eine Eigenschaft, die individuell unterschiedlich ausgeprägt ist, die aber auch durch das Umfeld gestärkt oder geschwächt werden kann. „Politiker:innen tun daher gut daran, diesen Faktor klug einzusetzen“, sagt Hoffmann. „Sie tragen eine besondere Verantwortung, denn sie haben die Wahl, mit ihrem Stil und ihrer Rhetorik den Ton der öffentlichen Debatte zu setzen und damit auch damit die Haltung der Bevölkerung maßgeblich zu beeinflussen.“ Viele Menschen seien nur allzu bereit zu glauben, dass die Welt voller Egoismus sei, aber „die Pandemie zeigt uns, dass Menschen durchaus bereit sind, sich für das Allgemeinwohl persönlich einzusetzen.“
Zusatzinformationen
„eupinions“ ist das europäische Meinungsforschungs-Instrument der Bertelsmann Stiftung, das zusammen mit Prof. Dr. Catherine de Vries, Bocconi Universität Mailand und Dalia Research Berlin entwickelt wurde. Es arbeitet in Partnerschaft mit der König-Baudouin-Stiftung. Vier Mal pro Jahr werden EU-Bürger zu europäischen Themen befragt. Die Befragung, um die es hier geht, fand im Juni 2020 statt und ist mit 12.956 Befragten repräsentativ für die EU und die sieben folgenden Mitgliedstaaten: Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Spanien, die Niederlande und Belgien. Ausführliche Informationen zur Methodik der Umfrage finden Sie im Methodenanhang der Studie.
Die Studie und weitere europaweite Umfragedaten finden Sie unter www.eupinions.eu.
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