Eine Million Dollar für die Forschung im Bereich Statistik
Rousseeuw Prize for Statistics zum ersten Mal verliehen
Die König-Baudouin-Stiftung hat James Robins, Miguel Hernán, Thomas Richardson, Andrea Rotnitzky und Eric Tchetgen Tchetgen mit dem mit einer Million Dollar dotierten zweijährigen Rousseeuw-Preis für Statistik ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am Mittwoch, den 12. Oktober 2022 in feierlichem Rahmen an der KU Löwen statt.
Dieser neue, mit einer Million Dollar dotierte Preis wurde von Peter Rousseeuw, Statistikprofessor an der KU Löwen, ins Leben gerufen und wird alle zwei Jahre vergeben. Ziel ist es, überragende Forschungsarbeiten zur Statistik, die sich bedeutend auf das tägliche Leben auswirken, zu ehren. Die Hälfte des Preisgeldes geht an James Robins, von der Harvard University; die andere Hälfte geht an Miguel Hernán (Harvard University), Thomas Richardson (University of Washington), Andrea Rotnitzky (Universidad Torcuato di Tella in Argentinië) und Eric Tchetgen Tchetgen (University of Pennsylvania). Diese vier Preisträger wurden von Robins ausgebildet oder stark von seinen Ideen inspiriert und arbeiten noch immer viel mit ihm zusammen.
Der Zusammenhang zwischen Quallenbissen und Eiscreme
Das Team wird hiermit für seine bahnbrechenden Forschungsarbeiten zu Kausalschlüssen mit Anwendungen in der Medizin und im öffentlichen Gesundheitswesen ausgezeichnet. Der Begriff Kausalschluss bezeichnet die Suche nach Ursachen und Folgen. Das ist nicht so einfach, wie es scheint, da mehrere Faktoren gleichzeitig auftreten können. Nehmen Sie das Beispiel der Anzahl an Quallenbissen an einem bestimmten Tag, die mit dem Eisverkauf am selben Tag zusammenhängt. Es handelt sich hier um eine Korrelation: An Tagen, an denen mehr Eis verkauft wird, ist auch die Anzahl der Quallenbisse höher. Die Anzahl Quallenbisse steht auch in Korrelation zur Außentemperatur, der Anzahl Schwimmender im Meer, der Nutzung der Klimaanlage, usw. Diese Faktoren sind jedoch keine direkten Ursachen der Quallenbisse, denn man bekommt keinen Quallenbiss, weil man ein Eis isst. Wenn Sie im Meer schwimmen, können Sie von einer Qualle gebissen werden.
Revolution in der Statistik
Die Arbeit der Preisträgerin und der Preisträger hat neue Einblicke und statistische Methoden zur Beantwortung bedeutender epidemiologischer Fragen ermöglicht. Zum Beispiel: Welche Wirkung hat eine bestimmte medizinische Behandlung langfristig? Und wenn die Behandlung anschlägt, wie sieht dann die optimale Behandlungsstrategie aus? Die Arbeiten der Preisträger haben z. B. Leitlinien für den besten Zeitpunkt für den Beginn einer antiviralen Medikation bei HIV-Patienten geführt.
Derartige kausale Schlussfolgerungen sind schwierig. Robins wies nach, dass es noch schwieriger ist, Daten über Expositionen oder Behandlungen auszulegen, die sich im Laufe der Zeit ändern. Dies ist auf Rückkoppelungen zurückzuführen. Bei Personen mit HIV leitet das ärztliche Fachpersonal die antivirale Behandlung bei Patienten mit der geringsten Immunität ein. Das erklärt, warum Patienten in antiviraler Behandlung durchschnittlich kränker sind als diejenigen, bei denen die Behandlung noch nicht begonnen wurde. Das kann leider den Eindruck erwecken, dass die Behandlung mehr schadet als nützt. Danach sorgt sie jedoch für eine Stärkung des Immunsystems. Dies führt zu einem komplexen Rückkopplungssystem. Die Immunität wirkt sich auf die Behandlung, die dem Patienten verabreicht wird, aus. Diese beeinflusst dann seine Immunität und damit die weitere Behandlung. In einer Reihe scharfsinniger wissenschaftlicher Artikel löste Robins dieses methodologische Problem in den 1980er Jahren. Damit legte er den Grundstein für weitere methodische Innovationen der anderen Preisträger, die wiederum die Grundlage für eine kausale Revolution in der Statistik bildeten.
Auswirkungen
Die Arbeiten der Preisträgerin und der Preisträger haben sich bedeutend auf die statistische Anwendung in Medizin und öffentlichem Gesundheitswesen ausgewirkt. Gegenwärtig finden sie auch in anderen Bereichen Anwendung, wie der Ökonomie und der Psychologie. In einer Reihe wichtiger Fälle wurde somit nachgewiesen, dass die widersprüchlichen Schlussfolgerungen experimenteller und nicht-experimenteller Studien auf die Verwendung älterer statistischer Methoden zurückzuführen waren, die für diese Aufgabe nicht geeignet waren. Nachfolgend einige Beispiele für die gesellschaftliche Bedeutung dieses wissenschaftlichen Fortschritts:
- die Auswirkungen einer postmenopausalen Hormontherapie auf kardiovaskuläre Erkrankungen,
- die Auswirkung cholesterinsenkender Medikamente auf Krebs,
- die Wirkung von entzündungshemmenden Medikamenten bei COVID-19-Patienten.
Die mit dem Rousseeuw-Preis für Statistik ausgezeichneten Arbeiten haben die Art, wie Statistiker, Epidemiologen und andere die Auswirkungen von Eingriffen, Behandlungen und Expositionen gegenüber potenziell schädlichen Substanzen bewerten, revolutioniert. Durch sie wurde die Zuverlässigkeit der Kausalanalyse in Medizin und öffentlichem Gesundheitswesen drastisch erhöht. Dies kommt der gesamten Gesellschaft zugute.
Die Preisverleihung findet am Mittwoch, den 12. Oktober 2022 in feierlichem Rahmen an der KU Löwen statt.